04.09.2019 | Battle Of Forms


„Wir würden nie zu unseren eigenen Einkaufsbedingungen liefern und zu unseren Lieferbedingungen einkaufen“, sagte mir ein Manager eines Maschinenbauunternehmens vor kurzem.

1. AGB in der Praxis des Unternehmens

Der Austausch von Produkten und Dienstleistungen ist Teil des Alltags eines jeden Unternehmens. Es werden Waren und Dienstleistungen eingekauft und geliefert. Jedem Austausch liegt zumindest ein Vertrag zugrunde. Weil die einzelnen Bedingungen für die vielen Verträge nicht stets gesondert ausgehandelt werden können, finden sich diese in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Das Kleingedruckte gibt es in den verschiedensten Arten, oft sind Einkaufsbedingungen für die Beschaffung und Lieferbedingungen für die Leistungsseite anzutreffen.

Die Einkaufsbedingungen regeln die Bedingungen zugunsten der Einkaufsabteilung, nämlich Liefertermine (verbindlich), Zahlungsziele (weit weg), Gewährleistung (scharf), Haftung (umfassend) usw. Die Lieferbedingungen desselben Unternehmens regeln diese Themen aber genau entgegengesetzt.

2. Die Battle of Forms

In der Praxis kommt es nun regelmäßig vor, dass jede Seite auf ihre eigenen Bedingungen verweist und diese ausschließlich gelten sollen. Eigentlich ein Dissens. Das Paradox: Es kommt trotzdem zum Austausch der Waren. Es stellt sich - nicht erst in einem Rechtsstreit - die Frage, ob die Einkaufsbedingungen oder die Lieferbedingungen gelten, ob z.B. die Gewährleistung scharf oder fast ausgeschlossen ist, die Liefertermine verbindlich oder nur ein Vorschlag sind.
Dabei können erhebliche Werte in Streit stehen, wenn sich zum Beispiel die Frage stellt ob eine - nicht sofort oder nicht in Schriftform gerügte - vermeintliche Fehlfunktion einer Maschine, beachtlich und damit Grundlage der Gewährleistung ist (so würde es in den Einkaufsbedingungen stehen) oder keine Rolle mehr spielt (so die Lieferbedingungen). Es geht manchmal um Beträge in Höhe von mehreren zehntausend Euro, die allein von der richtigen Gestaltung und Einbeziehung der AGB abhängen.

Die Thematik der sich widersprechenden AGB, also zum Beispiel Einkaufsbedingungen des Kunden versus eigene Lieferbedingungen wird gern Battle of Forms genannt.

3. Verschiedene Lösungen

Das deutsche Recht entscheidet die Schlacht des Kleingedruckten nach den Grundsätzen der Knock-Out-Rule. Die widersprechenden Bedingungen heben sich auf. Die Klauseln, die sich widersprechen, neutralisieren sich und werden durch die allgemeinen gesetzlichen Regelungen des HGB und des BGB ersetzt. Es macht also Sinn, im Bereich der Knock-Out-Rule stets auf die eigenen AGB zu verweisen, denn sie wehren die nicht gewollten Bedingungen des Vertragspartners ab.

In anderen Ländern und im internationalen Handelsrecht sind - neben Knock-Out-Rules - auch andere Lösungen anzutreffen. Es gibt die Last-Shot-Rule. Dabei gewinnen die Bedingungen desjenigen Vertragspartners, der zuletzt auf seine AGB verwiesen hat. Zu finden ist auch das Gegenteil, die First-Shot-Rule. In die-sem Fall finden die AGB des Vertragspartners Anwendung, der seine AGB als Erster für ausschließlich anwendbar erklärt hat, wenn eine ausdrückliche Zurückweisung der anderen Partei fehlt.

4. Gestaltung der AGB - Aktualisierungen und Anpassungen

Um für die Schlacht gerüstet zu sein, sollten die eigenen AGB so gestaltet sein, dass sie dem eingangs wiedergegebenen Zitat gerecht werden. Aber Achtung: Auch im B2B Geschäft sind Klauseln, die eine Seite entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen unwirksam. Wer zu viel möchte, wird mit der Nichtigkeit seiner Klauseln bestraft. Um sich dieser Grenze nur zu nähern und sie nicht zu überschreiten, sollte juristischer Rat bei der Gestaltung eingeholt werden.
Regelmäßige Aktualisierungen der eigenen AGB verstehen sich von selbst, zum Beispiel wegen geänderter Rechtslage oder wegen neuer Kunden, Liefergebiete und Geschäftsfelder.

5. Einbeziehungsroutinen und Abläufe

Die weiteren Schritte sind komplex und hängen von der Art der im Einzelfall anzuwendenden Lösungsregel (Knock-Out, First-Shot, Last-Shot) und der Möglichkeiten der Wahl einer bestimmten Regel ab. Oft gibt es innerhalb eines Unternehmens für unterschiedliche Kunden oder Liefergebiete unterschiedliche Handlungsanweisungen. Es empfiehlt sich, juristischen Rat bei der Gestaltung der maßgeblichen Texte (AGB, Angebotsanfragen, Angebote, Auftragsbestätigungen, usw.) und für die Gestaltung der Abläufe einzuholen.

Für den Bereich der Anwendung des deutschen Rechts könnte die Abläufe grob skizziert beispielsweise wie folgt aussehen: In jeder (textlichen) Kommunikation vor Vertragsabschluss, ist auf die ausschließliche Geltung der eigenen Einkaufsbedingungen oder Lieferbedingungen (nicht beide zugleich) zu verweisen. Des Weiteren ist sicher zu stellen, dass der Vertragspartner zumindest die Möglichkeit hat, von den AGB Kenntnis zu nehmen, z. B. durch eine Veröffentlichung auf der Internetpräsenz des Unternehmens oder durch Anhang des Textes der jeweiligen Bedingungen in den E-Mails.

6. Anwälte der Silberthal Unternehmensgruppe: Gestaltung von AGB und Abläufen, Vertretung bei Handelsstreitigkeiten

Wie die tägliche Battle of Forms geschlagen wird, hängt von vielen Faktoren ab. Entscheidende Punkte für den Ausgang können sein, welcher Vertrag abgeschlossen wurde, wie die Einbeziehung gestaltet ist, welche der oben skizzierten Rules gilt, welches Recht zur Anwendung gelangt, aber auch, in welchem Land ein möglicher Rechtstreit zu entscheiden wäre.
Um die Ausgangsposition entscheidend zu verbessern ist eine sorgsame Gestaltung und regelmäßige Aktualisierung der Vertrags- und Abschlusstexte ebenso wie der Abläufe und Einbeziehungsroutinen notwendig.

Die Rechtsanwälte der Silberthal Unternehmensgruppe haben Erfahrung mit der Erstellung von AGB und Handelsverträgen, der Gestaltung von Einbeziehungsroutinen aber auch mit der Vertretung bei Streitigkeiten im internationalen Handelsverkehr. Wenn wir behilflich sein können, dann nehmen Sie Kontakt mit uns auf.


Martin März
SMF Rechtsanwälte

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